Florian über Unsicherheiten

"Man hat immer mehrere Standbeine" - Musiker Florian erkennt in der Ungewissheit für sich auch Vorteile. Fotos: Marlene Mondorf
"Man hat immer mehrere Standbeine" - Musiker Florian erkennt in der Ungewissheit für sich auch Vorteile. Fotos: Marlene Mondorf

Sicherheit, Gewissheit, ein geregeltes Leben. All das, was viele Menschen anstreben, hat Florian nie wirklich interessiert. Er wollte immer nur eines: Musik machen. Und das tut er auch. Dass er als Künstler oft nicht weiß, was er in zwei Monaten an Aufträgen haben wird, geschweige denn, in einem Jahr, das schreckt den 39-Jährigen nicht. Im Gegenteil, Florian genießt das. „Bei mir“, sagt er, „ist immer alles in Bewegung.“

Das ist bei Florian durchaus wörtlich zu nehmen. Er arbeitet hier, arbeitet da; ist mal Jazz-Gitarrist in diversen Projekten, mal spielt er „im Dienstleistungsbereich“, wie er das nennt, in Coverbands oder schon mal als Vertretung im Musical. „Bei We Will Rock You oder Hairspray war ich zum Beispiel dabei“, erzählt er. Dazu macht er seit Jahren immer wieder Filmmusik, ob für Dokumentationen oder Imagefilme. Auch ein Spielfilm war darunter, Thorsten Wettckes "Sunny". Für ihn hat diese Art der Musik ihren ganz eigenen Reiz, „wenn sie plötzlich eine Funktion erfüllen muss, das ist spannend“.

 

Entscheidung für die Musik nie bereut

 

Als spannend empfindet er auch sein unstetes Künstlerdasein. Ach, wie viele haben ihn vor einem solchen Leben gewarnt. Haben ihm empfohlen, er solle neben der Musik noch etwas anderes machen, etwas Solides, Bodenständiges. Doch Florian hat auf all die Mahner nicht gehört. „Ich wusste, ich will nichts anderes machen, Musik war immer meine Leidenschaft“, sagt er. Dass ihn seine Eltern stets unterstützt haben, hat ihn in seiner Entscheidung bestärkt. Zu seinem Glück: „Ich habe sie nie bereut.“

Und so hat Florian von 1993 bis 1999 in Den Haag am Koninklijk Conservatorium Gitarre studiert. Das hat ihm dann nicht nur seinem Traumberuf sondern auch gleich noch seiner Traumfrau näher gebracht. Diese, eine Norwegerin, war zur gleichen Zeit als Gesangs-Studentin am Konservatorium. Musik verbindet offensichtlich. Längst sind die beiden verheiratet und leben nun gemeinsam in Neu-Ehrenfeld.

Dass seine Frau als Gesangslehrerin ein ebenso ungeregeltes Arbeitsleben hat wie er, „macht das Jonglieren mit Zeiten natürlich doppelt kompliziert“, das räumt Florian ein. Andererseits finde man gerade deshalb beim anderen immer Verständnis, das sei das Positive. „Wir kennen es ja nicht anders.“ Als vor fünf Jahren Tochter Annika auf die Welt kam, hat sich der logistische Aufwand des Paares noch einmal verstärkt, seitdem muss noch mehr jongliert, muss noch mehr abgesprochen werden. Nun hat Annika noch einen kleinen Bruder, Benjamin ist mittlerweile ein knappes halbes Jahr alt.

 

Stolz ist der Vater auf seine Kleinen, das ist ihm anzumerken. "Natürlich", sagt er und lacht. Ein Träumer sei er aber auf keinen Fall. Er erkenne mit Kindern die Notwendigkeit, für wirtschaftliche Sicherheit zu sorgen, das sei doch gar keine Frage. Man habe durch den Nachwuchs jedoch vor allen Dingen neue Aufgaben bekommen. Die für ihn wichtigste: „Den Kindern ein Zuhause geben. Aber das ist eine tolle Sache.“

"Vorgefertigte Bahnen gibt es ja keine"

 

Dass Florian das alles auf die Reihe kriegt liegt wohl auch daran, dass er die Trennung von Berufs- und Privatleben gar nicht erst versucht. Musiker ist man immer, auch wenn dieser, wie jetzt, lediglich mit Sohn Benjamin am Lenauplatz spazieren geht. Wie bei vielen Freiberuflern vermischt sich bei Florian zudem der Freundes- und Kollegenkreis, die meisten Jobs bekomme er durch persönliche Kontakte, sagt er. Blöd nur, „dass man viel mehr Leute kennt und mag, als man auch Zeit und Möglichkeit hat, intensiven Kontakt zu halten“.

Seine Freunde allerdings mögen ihm das verzeihen. Sie wissen doch alle, wie es bei Florian läuft, von Beginn an. "Vorgefertigte Bahnen gibt es im künstlerischen Bereich ja keine, man macht deshalb immer verschiedene Dinge", sagt der 39-Jährige. Doch genau das schätzt er inzwischen, sieht in der beruflichen Ungewissheit gar einen Vorteil. Wirklich. Man habe immer mehrere Standbeine, "wenn eines wegbricht, fangen einen die anderen auf“, sagt er. Wirklich schlimm könne es nach Ansicht des Musikers doch allenfalls einen Festangestellten treffen. „Wenn der, sagen wir mal, nach 12 Jahren, seine Papiere kriegt, der steht doch plötzlich völlig im Regen.“

Achim Graf