Julia über Menschen

"Das tut im Herzen gut" - Julia will das Positive im Menschen sehen. Fotos: Marlene Mondorf
"Das tut im Herzen gut" - Julia will das Positive im Menschen sehen. Fotos: Marlene Mondorf

 

„Eigentlich“, sagt Julia, „sollte es ein Land geben wie das Summerjam.“ Ein Land wie ein Reggaefestival? Ja sicher, sagt sie dann mit Überzeugung. Doch Julias Traum ist keineswegs eine Party ohne Ende. Vielmehr kommt das Festival ihrem gesellschaftlichen Ideal recht nahe. Wenn Menschen verschiedenster Nationen zusammentreffen, wie eben am Fühlinger See, das begeistert sie. Vor allem „weil sie da so friedlich miteinander sind“. So in etwa wünscht sich Julia die Welt.

Neugierig auf die Welt

 

Wie sie wirklich ist, diese Welt, darauf ist die 17-Jährige absolut neugierig. Auf die Natur, die Menschen, vor allem das. Deshalb will sie nach der Schule unbedingt reisen, das hat sie sich fest vorgenommen. Noch steht für sie jedoch ein gutes Jahr bis zum Abitur am Gymnasium in Köln-Nippes an. Seit wenigen Monaten erst geht Julia dort in die 12. Klasse, davor war sie fast sechs Jahre an einer reinen Mädchenschule. Im Rückblick ist sie darüber nicht unbedingt glücklich.

 

Bis zur 7. Klasse könnte sie das vielleicht empfehlen, meint sie. Später aber sei es sicher von Vorteil, gemeinsam unterrichtet zu werden. Unter anderem „damit man auch den Umgang mit Jungs lernt“, sagt Julia und lacht ein bisschen verlegen. Nein, im Ernst, fügt sie dann hinzu, für die Zukunft sei das einfach besser. Und auch das Argument, getrennt hätten Mädchen größere Lernchancen in Mathe oder Physik, lässt sie nicht gelten: „Es gibt doch in allen Fächern gute Mädchen und Jungs.“

 

Sie selbst sieht sich allerdings ganz klar im sozialen Bereich. Hebamme würde Julia gerne werden. „Mir sind im Leben Kinder wichtig“, sagt sie. Und deshalb möchte sie selbst in jedem Fall auch welche haben, am besten gleich sechs. Ganz im Ernst. Sie seien zu Hause auch zu fünft, was sie immer toll gefunden habe. „Man fühlt sich einfach sicher, ist nie allein. Das ist ein schönes Gefühl.“ 

Der Job als soziales Projekt

 

Auch in ihrem Nebenjob kommt die 17-Jährige, die eigentlich Julia-Margit heißt („Aber alle nennen mich Julia“), viel mit Menschen zusammen. Für eine Apotheke bringt sie seit einiger Zeit vor allem älteren Leuten Medikamente nach Hause. Diese freuten sich immer sehr, wenn sie komme, sagt sie, denn viele bekämen selten Besuch. „Dann tut das im Herzen gut. Das ist für beide Seiten schön.“ Im Prinzip sieht sie in ihrer Aufgabe dann auch vielmehr ein soziales Projekt. Für das es, zugegeben, auch noch ein bisschen Geld gibt. 

Das gibt Julia dann liebend gern auf Flohmärkten aus. Ihr gestreiftes Kleid, in orange und rostrot, hat sie beispielsweise beim Schlendern dort entdeckt, auch die große Sonnebrille aus den 70ern. Dass sie sich nämlich nicht nur für andere Menschen interessiert, sondern ebenso auf sich selbst achtet, ist offensichtlich. Auch wenn sie, wie jetzt, lediglich auf einem Mäuerchen im Belgischen Viertel sitzt und vor Arbeitsbeginn schnell noch ein paar SMS tippt: Julia fällt auf.

 

In ihrem Outfit nimmt sie das Summerjam-Feeling jedenfalls bereits vorweg. Überhaupt ist ihr Musik wichtig. Am Fühlinger See hatte es ihr im vorigen Jahr vor allem die Formation „Balkan Beat Box“ angetan, diese pulsierende Mischung aus Folklore und Clubsounds, aus Klezmer und HipHop. „Ich mag das Multikulturelle – und dass man das Gute in anderen Menschen sieht“, sagt sie.

 

Offenheit und Toleranz – das sind Werte, die Julia wichtig sind. Aus gutem Grund: Ihre Eltern stammen aus Ungarn, sind aber in Jugoslawien aufgewachsen. Heute leben sie in Köln. Was kosmopolitisch klingt, war allerdings nicht immer einfach. Durch die Erfahrungen ihrer Eltern wisse sie, wie schlimm Vorurteile sein können, sagt Julia. „Aber wir sind doch alles Menschen, das darf man nie vergessen.“

Achim Graf