Robert über Entscheidungen

"Das Dörfliche im Kopf" - Robert ist klar geworden, dass er nicht außerhalb einer Großstadt leben möchte. Fotos: Marlene Mondorf
"Das Dörfliche im Kopf" - Robert ist klar geworden, dass er nicht außerhalb einer Großstadt leben möchte. Fotos: Marlene Mondorf

Eigentlich wähnte sich Robert im Sommer 2011 längst in Berlin. Eigentlich. Nun jedoch sitzt er mit Freunden am Aachener Weiher und genießt einen der wenigen sonnigen Tage. Dass er sich auch in der nächsten Zeit hier verabreden kann, hat einen einfachen Grund: Robert wird jetzt doch in Köln bleiben. Das mit Berlin hat nämlich nicht geklappt – und Mönchengladbach kam für ihn als Alternative wirklich nicht in Frage.

Denn Robert wollte in der Hauptstadt Bekleidungstechnik studieren. „Das geht in die Management-Richtung, hat aber auch mit Schnitttechnik zu tun“, erklärt er. Obwohl sich der 20-Jährige sehr für Mode interessiert, im Designbereich hat er sich selbst nämlich nie gesehen. „Ich hätte mir aber gut vorstellen können, mit Designern zusammenzuarbeiten.“ Viele von ihnen hätten zwar gute Ideen, meint er, könnten diese aber nicht umsetzen. Dabei wäre Robert gerne behilflich gewesen.

 

Er ist einfach kein Kleinstadt-Mensch

 

Leider kam aus Berlin aber vor kurzem eine Absage. In Mönchengladbach dagegen hätte er im Herbst direkt anfangen können. „Textile and Clothing Management“ heißt dort der entsprechende Studiengang, was ausgesprochen modern klingt, womit sich die Faszination des Niederrheins für Robert allerdings auch schon erschöpft hat. „Ich konnte mir echt nicht vorstellen, in Mönchengladbach zu leben oder täglich zwei Stunden mit dem Zug zu pendeln.“

 

Ein Leben außerhalb einer Großstadt kommt für Robert nämlich nicht mehr in Frage. In Troisdorf aufgewachsen und bis zum Abitur dort geblieben, kam er vor gut einem halben Jahr zum Zivildienst nach Köln. Er war einer der letzten, die noch Ersatzdienst leisten mussten, doch seine sechs Monate in der Medizinforschung der Uniklinik haben sich für ihn allemal gelohnt. Er sei einfach kein Kleinstadt-Mensch, das hat Robert spätestens in dieser Zeit für sich erkannt.

Faszination für Japan

 

So hat sich der 20-Jährige mit seinem Verbleib in Köln also zunächst für ein Lebensgefühl entschieden – und in der Folge für ein völlig anderes Fach: Japanstudien in Kombination mit Kunstgeschichte. Schon lange habe er sich für Japan interessiert, von einer früheren Nachbarin sogar ein bisschen die Sprache gelernt, erzählt Robert. Was ihn an diesem Land vor allem fasziniert, das seien die Gegensätze: „Eine hoch technologisierte Gesellschaft mit einer sehr traditionellen Lebensweise.“ Damit will er sich künftig noch intensiver befassen.

 

Seine plötzliche Abkehr von Mode und Management wirkt dabei nur auf den ersten Blick verwunderlich. Robert hat nämlich durchaus vor, seine Vorlieben später beruflich zu verbinden. Japan sei in Sachen Mode in vieler Hinsicht Vorreiter, erläutert er. „Alle großen Marken sind dort präsent, sie haben auch viele eigene Labels“. Und so könnte er sich gut vorstellen, später irgendwo an der Schnittstelle zwischen Japan und Mode seine berufliche Nische zu finden. 

Spannende Modetrends von der Straße

 

Sein Interesse für Kleidung und Styling wird er wohl ohnehin nie ganz verlieren. Dazu hat er einfach zu viele Kontakte in der Modeszene. Und deshalb wird er sich auch weiter in Streetstyle-Blogs umsehen, wobei er die deutschen ja eher langweilig findet. Aus Russland, Polen oder dem Baltikum kämen wirklich spannende Sachen von der Straße, sagt er, der sich für sein eigenes Outfit auf diese Weise schon die eine oder andere Anregung geholt hat.

 

Seine eigenen Basics stammen dabei nicht selten von H&M, die Robert aber gerne mit Second-Hand-Teilen kombiniert. Auf das teure Designer-Stück spart er dagegen noch, auch wenn er „überhaupt nicht weiß, was es eigentlich mal werden soll“. Schuhe könnte er sich vorstellen, sagt er dann. Ja, Schuhe seien immer wichtig.

Wenn Robert dann so erzählt, wenn er ganz in seinem Element ist, erweckt er den Eindruck, dass Mensch und Stadt sich hier wirklich gefunden haben. Hier, am Aachener Weiher, wo Troisdorf weit weg ist und damit auch das „Dörfliche im Kopf“, wie er es nennt. Doch weit gefehlt. Köln sei vor allem teuer und wenig schick, so Roberts ebenso überraschendes wie harsches Urteil. Wirklich offen sei dagegen das als gemächlich geltende Wien, „die nehmen dort Trends und Strömungen viel schneller auf.“ Und so ist Köln für Robert keineswegs die Traumstadt, sondern, neben der Rettung vor Mönchengladbach, etwas für viele Kölner Unvorstellbares: ein Kompromiss.

Achim Graf

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