Ulrich über Partyjobs

"Ich saß im warmen Nest" - ohne einen Lebensschock wäre Ulrich "U Lee" wohl nie Clubbetreiber geworden. Fotos: Marlene Mondorf
"Ich saß im warmen Nest" - ohne einen Lebensschock wäre Ulrich "U Lee" wohl nie Clubbetreiber geworden. Fotos: Marlene Mondorf

Mal mit David Guetta ein Schwätzchen halten. Mit Deadmau5 an der Bar abhängen. Oder einmal nur dem New Yorker DJ-Gott Moby die Hand schütteln. Ach, für die meisten Fans von Electro-Sounds bleiben das Wunschträume, Phantasien. Nicht für Ulrich. Denn der Mann mit der unorthodoxen Frisur ist auch U Lee, ein Künstler, DJ, Weltenbummler. Vor allem aber ist U Lee Club-Betreiber und Partyveranstalter – und hat all die großen Namen schon gehabt, stehen alle in seinem Adressbuch.

„Loonyland“ heißt die Partyreihe, die Ulrich mit seinem Freund und Partner Sascha einst aus der Taufe hob. Die beiden touren bis heute mit ihren DJs erfolgreich durch die Republik, von Hamburg bis München, von Erkelenz bis Nürnberg; aufgelegt wird House, Fidget, Techno, alles was die elektronische Musik so hergibt. Doch Köln, genauer gesagt das Bootshaus in Deutz, „das ist klar meine Hochburg“, sagt Ulrich.

 

Zuständig für die große Show

 

Hochburg ist für den Laden neben den Claudius Thermen der richtige Ausdruck. „Wir sind der größte Club der Stadt, da passen über 2000 Leute rein“, sagt Ulrich, der einst als Rock-DJ angefangen hat. Seit vergangenem Jahr ist er im Bootshaus Betriebsleiter, was sich für einen Künstler recht nüchtern anhört. Doch während er sich als Ulrich Rauschenberger um Verträge und PR kümmert, ist er als U Lee auch für Kostüme und Deko, kurz: für die große Show, zuständig. Der 37-Jährige ist eben Geschäftsmann und schräger Vogel in einem. „loony“ steht nicht ohne Grund für irre, verrückt, bekloppt. 

Dafür gibt sich Ulrich an diesem Sonntagnachmittag allerdings recht aufgeräumt - und erinnert sich, auf der Treppe der Christuskirche sitzend, an die bescheidenen Anfänge vor achteinhalb Jahren. „Playground“ hieß der Laden auf der Neusser Landstraße, 400 Leute passten rein. Der Präsident des Funky-Chicken-Club, Andreas Gessner, war der erste Plattenleger. Inzwischen haben die Macher nicht nur die Location gewechselt, es sind auch wahrlich illustre Namen hinzugekommen. Guetta, Deadmau5, Moby sind nur drei davon. Auch Techno-Pionier Sven Väth war im Bootshaus, Paul Kalkbrenner auch. Soulwax und Boys Noize, immerhin Headliner beim größten elektronischen Indoor-Festival „I ♥ Techno“ in Belgien, waren auch für Ulrich persönlich „echte Highlights“.

"Alles schien zerstört"

 

Doch wie kommt man an all diese Szene-Größen? „Das Geheimnis ist, Talente zu erkennen, bevor sie Superstars sind“, meint Ulrich. Dass es dabei auch Rückschläge gab, räumt er ein, mit so mancher Party hat er richtig Geld verloren. Letztlich müsse man aber an die Künstler glauben, „und die an dich als Veranstalter“. Dass inzwischen selbst absolute DJ-Legenden seinen Namen kennen, „das ist eine Respektsache“.

 

Heute betrachtet der 37-Jährige es dann auch als Glück, was er einst als „Lebensschock“ empfand. Es war vor knapp zehn Jahren, als Ulrich als Autor für mehrere Radiosender arbeitete, unter anderem bei 1Live fest mit im Boot war. Doch dann gab es im Team zwischenmenschliche Differenzen, wie er es nennt. „Von heute auf morgen war es vorbei. Alles schien zerstört.“ Ob er jedoch ohne diese Erfahrung jemals den Mut gehabt hätte, als Freiberufler seinen eigenen Weg zu suchen, das bezweifelt er. „Ich saß ja im warmen Nest.“

 

Diese ungeheure Energie

 

Davon kann heute keine Rede mehr sein. U Lee ist ein Nachtarbeiter geworden, der dennoch fast täglich von 10 bis 18 Uhr am Schreibtisch sitzt. Anstrengend sei das, keine Frage. „Und die Beziehung leidet manchmal darunter, das ist schon so.“ Ulrich schaut hinüber zu seiner Freundin Jasmin, doch diese lächelt nur. Steuerfachangestellte ist Jasmin. „Klar, da prallen Welten aufeinander“, meint Ulrich. Man habe sich aber klare Regeln gegeben, jeder respektiere die Lebenswelt des andern.

 

Für Jasmin ist das ohnehin nicht schwer. Sie und ihre Freunde sind auch Teil der Clubszene. „Während mein Freund arbeitet, gehe ich feiern“, sagt sie und grinst. Den schmerzt es zuweilen tatsächlich, dass er den Großteil seiner eigenen Partys verpasst. Aber immerhin sei er stets von jungen Leuten umgeben, spüre auch diese ungeheure Energie. „Dann will ich selbst losziehen und tanzen. Und auch mal einen Trinken.“ Und manchmal macht er das auch.

Zeit für Kunst, Literatur, Film - und fürs Zocken

 

Dass neben seiner Arbeit noch Raum für anderes bleibt, das ist dem Diplomatensohn, der bereits in Brüssel, Genf, Florida und New York gelebt hat, überaus wichtig. Sport interessiert ihn sehr, auch Kunst und Literatur. Und Filme liebt er, vor allem die von Paul Thomas Anderson und Stanley Kubrick. Da kommt dann der Akademiker in ihm durch, der in Boca Raton seinen Abschluss in Medienwissenschaften und Kunst gemacht hat.

 

Ganz so feinsinnig muss es aber gar nicht immer sein. Einmal die Woche räumt sich Ulrich beispielsweise noch Zeit ein, um mit einem Freund an der Playstation zu zocken. „Alles außer Kriegsspiele, im Moment spielen wir Infamous 2.“ So ganz lässt ihn aber selbst bei dieser Freizeitbeschäftigung die Arbeit nicht los: Sein Zocker-Kumpel ist Felix, der VJ vom Bootshaus.

Achim Graf

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